Entnommen aus Christian Schütz OSB, Gesegneter Alltag. Lebensweisheit aus der Regel Benedikts
Geistlicher Impuls zum 20.07.2025
Benedikt spricht hier von einer Gefahr. Wo mehrere Menschen zusammen leben und arbeiten, kommt es leicht zu Überschneidungen, zu Kompetenzschwierigkeiten oder -streitigkeiten. Diese können ihren Grund in unklaren oder ungeklärten Verhältnissen, in besonderen Situationen, aber auch in unterschiedlichen Charakteren haben. Das Beziehungsnetz, in dem die Einzelnen zueinander und miteinander stehen, trägt das Kennwort „Verantwortung\\\". Diese nimmt sie sowohl einzeln als auch miteinander in Pflicht. Wer „antwortet\\\", behält sein Gegenüber im Blick, sonst läuft sein Beitrag ins Leere. Beziehungen aber - auch vorgegebener, funktionaler und objektiver Art - lassen sich nie ganz versachlichen. Unsere persönlichen Prägungen wirken in sie hinein. Obwohl wir alle „im Dienst\\\" stehen, d.h. von Haus aus „dienende\\\" Menschen sein sollen, brechen wir doch immer wieder aus dem vorgezeichneten Rahmen aus, lädieren oder ramponieren ihn.
Wohl kaum etwas stört die Atmosphäre des Vertrauens so sehr wie die Haltung der Anmaßung. Sie tangiert nicht nur den Frieden unter den Menschen, sondern auch die Ordnung des Herzens. Ein sich bestimmte Rechte und Dinge anmaßender Mensch verkehrt die Wahrheit seines Menschseins. Das Gegenteil davon sind Bereitschaft und Verfügbarkeit. Bereit und verfügbar zu sein ist eine konkrete Form der Liebe. Echte Liebe beginnt in der allernächsten Nähe und bei den kleinen Aufgaben des Alltags. Sie offenbart sich in Freundlichkeit, Zuvorkommenheit, Aufmerksamkeit und Höflichkeit. Anmaßung aber stößt an, lebt vom Nehmen, ignoriert die Zuständigkeiten, verachtet den anderen, setzt sich über Gegebenheiten hinweg, vermag die Geister nicht zu unterscheiden und legt die Gewichte einseitig fest.