Geistlicher Impuls zum 14.01.2025

Der Herr, der in der Volksmenge einen Arbeiter für sich sucht, erinnert an das biblische Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (vgl. Mt 20, 1 bis 16). Benedikt greift diese Vorlage auf und überträgt sie auf den Mönch und damit auf den Menschen überhaupt. Der suchende Herr steht für Christus als den Statthalter Gottes. Es ist auffallend, dass nicht der Mensch es ist, der sich hier auf die Suche nach Gott begibt, sondern umgekehrt, dass Gott den Menschen sucht. Diese Voraussetzung wird beim bekannten Wort und Programm von der Gottsuche oft übersehen. Alle Gottsuche des Menschen setzt die Menschensuche Gottes voraus. Wenn es stimmt, dass Gott sich auf der Suche nach dem Menschen befindet, dann kommt damit allerhand Bewegung in unser Bild von Gott. Benedikt nimmt das Wort vom Mönch und Menschen als Arbeiter für und mit Gott in seiner ganzen Tragweite ernst. Das bedeutet: Gott ist einer, der Mitarbeiter sucht, der sich also helfen lassen will. Die Aufrichtigkeit und Radikalität dieses Suchens wird noch einmal deutlich an der Frage, die Benedikt Christus mittels eines Psalmenzitats in den Mund legt. Die darin formulierte Frage ist mehr als nur eine rhetorische Anfrage. Wer wirklich fragt, der wendet sich an die Freiheit und Verantwortlichkeit des Gegenüber, fordert dieses zur Selbstbesinnung und Rechenschaft heraus. Gott ist einer, der die Freiheit und Selbständigkeit des Menschen respektiert, indem er ihm als fragender, nicht einfach befehlender oder belehrender begegnet.

Entnommen aus Christian Schütz OSB, Gesegneter Alltag. Lebensweisheit aus der Regel Benedikts

– Sankt Ottilien